3D Scanning und 3D Modeling: Zwei Verfahren mit unterschiedlichen Stärken
Wer professionelle Produktbilder und Produktvideos für das Marketing herstellen möchte, denkt sicherlich zunächst an ein Fotoshooting bzw. Videodreh.
Es gibt allerdings eine Alternative, die immer öfter genutzt wird: 3D Visualisierung.
Und das ist deutlich weniger aufwändig und kostenintensiv als man denkt.
Sucht man nach solchen Anbietern, fallen immer wieder zwei Begriffe auf: 3D Scan und 3D Model.
Was verbirgt sich dahinter? Wie unterscheiden sich diese beiden Begriffe und Lösungen? All das wird in diesem Beitrag aufgeklärt.
Welche Alternativen zum Fotoshooting gibt es für professionelle Produktbilder?
Die Methoden, um mittels 3D Technologie Bilder und Videos von Produkten zu erstellen, lassen sich in zwei Bereiche unterteilen.
Die beiden am weitesten verbreiteten Methoden sind das 3D Scanning und das 3D Modeling.
Die Trennschärfe ist dabei nicht ganz eindeutig, denn je nach Nutzung kann das 3D Modeling auch auf einem 3D Scan aufbauen.
Und beim 3D Scanning selbst gibt es einige verschiedene Methoden, wie dies funktioniert.
Dies wird deutlich, wenn man sich die Funktionen der Methoden einmal genauer ansieht.
3D Scanning:
Beim 3D Scanning wird ein physisches Objekt automatisch – wie der Name schon sagt – abgescannt. Dies geschieht mit speziell dafür entwickelten Kamera- bzw. Laser-Technologien.
Zwei Verfahren zur Erstellung von 3D Scans sind dabei weit verbreitet:
- Scan mittels LiDAR:
LiDAR steht für Light Detection and Ranging, frei übersetzt also: Lichterkennung und Entfernungsmessung. Es ist auch bekannt unter der Bezeichnung 3D Laser Scanning. Denn genau das ist die Basis der Funktion: Mittels Laserwellen werden die Abstände von der Kamera zu Gegenständen und den vielen Details gemessen.
Mittels LiDAR werden dann sogenannte Punktwolken von einem Objekt oder ganzen Gebäuden und Landschaften ausgegeben, die eine 3D Struktur ergeben.
Diese Punktwolken allein reichen allerdings nicht aus, um fotorealistisch wirkende Bilder bzw. Produktbilder damit zu erzielen. Daher wird das Verfahren oftmals mit dem der Photogrammetrie kombiniert.
- Scan mittels Photogrammetrie:
Mit der Photogrammetrie werden aus zweidimensionalen Videos oder Fotoaufnahmen dreidimensionale Bilder erstellt. Genauer gesagt werden diese Aufnahmen, die selbst grundsätzlich keine Entfernungs- bzw. Abstandsinformationen haben, durch Software oder auch durch die Überlagerung mittels LiDAR Aufnahmen, zu 3D Scans von Oberflächen.
Für die Visualisierung von Produkten mittels dieser beiden Techniken kann man sagen:
- Photogrammetrie kann eigenständig durch zusätzliche Software Produktbilder automatisiert in Form von 3D Scans erstellen.
- Die LiDAR Technologie kann diese Ergebnisse verbessern, ist ansonsten aber für sich allein nicht zur Produktvisualisierung gemacht.
3D Modeling:
Beim 3D Modeling wird ein grundsätzlich anderer Ansatz genutzt.
- Modeling mittels 3D-Software:
Beim 3D Modeling erstellen 3D Designer mit darauf spezialisierten Software-Anwendungen das Produkt 1zu1 digital nach.
Das Modeling stellt hier den ersten Schritt dar, um am Ende ein fotorealistisches Bild, Video, Animation oder virtuelle Anwendung zu erhalten.
Beim Modeling wird ein dreidimensionales Modell des Produktes mit allen geometrischen Details angefertigt. Dieses lässt sich dann sehr flexibel und individuell gestalten und in Szene setzen.
Wie funktioniert das 3D Scanning für ein Produktbild?
Für diesen Beitrag konzentrieren wir uns auf die Photogrammetrie als 3D Scan Verfahren, da dies die meistgenutzte Anwendung ist, um direkt Produktbilder zu erstellen bzw. als Basis für das 3D Modeling genutzt wird, um daraufhin Produktbilder zu erstellen.
So funktioniert Photogrammetrie für Produktbilder
Je nach Anbieter und Anforderung des Kunden kann der Produktionsprozess variieren.
Grundsätzlich lässt sich der Ablauf einer Photogrammetrie zur Erstellung von Produktbildern allerdings in diese Einzelschritte unterteilen:
- Viele Fotos standardisiert aufnehmen: Es werden mehrere Fotos des Objekts oder der Szene aus verschiedenen Blickwinkeln aufgenommen. Diese Fotos müssen sich überlappende Bereiche aufweisen, damit die Software entsprechende Punkte zuordnen kann. Je nach Produktgröße, Details oder Qualitätsanspruch werden zwischen 20 und 100 Fotos pro Produkt gemacht.
- Software legt übereinstimmende Merkmale fest: Eine spezielle Software analysiert dann alle Bilder, um gemeinsame Punkte zwischen ihnen zu finden. Durch den Vergleich der Positionen dieser Punkte in den verschiedenen Fotos kann die Software mit der Erstellung einer 3D-Darstellung beginnen.
- Triangulation: Anhand der bekannten Eigenschaften der Kamera (z. B. Brennweite) und der Position der identifizierten Punkte in den Bildern berechnet die Software die Entfernung jedes Punktes von der Kamera. Dies wird als Triangulation bezeichnet und trägt zur Erstellung der Grundstruktur des 3D-Modells bei.
- Erzeugung einer Punktwolke: Die berechneten 3D-Positionen der Punkte bilden eine "Punktwolke", d. h. eine Sammlung von 3D-Koordinaten im Raum. Diese Punktwolke stellt die grundlegende Form und Struktur des Objekts dar.
- Erzeugung eines Netzes: Die Punktwolke wird dann zur Erstellung eines Netzes verwendet, das eine aus miteinander verbundenen Dreiecken (Polygone) zusammengesetzte Fläche darstellt. Dieses Netz stellt die Oberflächengeometrie des Objekts dar. Mehr Punkte und Bilder mit höherer Auflösung tragen zu einem detaillierteren und genaueren Netz bei.
- Textur-Mapping: Die Originalfotos werden nun zur Texturierung des digital erstellten Netzes verwendet. Jeder Punkt des Netzes wird auf die Originalbilder zurückprojiziert, und die entsprechenden Farbinformationen werden angewendet, um ein möglichst realitätsgetreues Aussehen zu erzeugen.
- Verfeinerung: Das erzeugte Netz kann Unvollkommenheiten, Löcher oder Ungenauigkeiten aufweisen. In weiteren Schritten kann das virtuelle Modell bereinigt werden. Dies erfolgt sowohl manuell durch 3D-Designer und mit einer entsprechenden Software.
- Exportieren: Sobald das 3D-Modell zufriedenstellend generiert ist, kann es in verschiedene Formate exportiert werden, die sich für die Visualisierung, Animation oder weitere Bearbeitung eignen.
Wie genau sind 3D Scans?
Die Genauigkeit und die Qualität von auf Basis von Photogrammetrie erstellten 3D-Modellen hängt sehr stark von den einzelnen Prozessschritten ab, insbesondere:
- die Qualität der Fotos
- ein professionelles, gleichbleibendes Setting
- professionelles Lichtsetting
- Überlappung zwischen den Bildern
- die Kalibrierung der Kamera
In Kombination mit anderen Technologien wie dem Laserscanning kann mit der Photogrammetrie eine höhere Genauigkeit und Detailgenauigkeit erzielt werden.
Aktuelle Entwicklungen bei 3D Scans
Eine spannende Entwicklung in diesem Bereich ist die sogenannte NeRF Technologie.
Mit NeRF (engl: Neural Radiance Field) wird versucht, die Qualität von 3D Scans zu erhöhen und gleichzeitig weniger Bilder als Ausgangspunkt zu benötigen.
Hier soll eine KI helfen, entsprechende Lücken und Ungenauigkeiten in den generierten 3D Modellen zu schließen. Neuronale Netze sollen dabei quasi ungesehenes (nicht fotografisch aufgenommenes) durch zuvor maschinengelerntes, visuelles Wissen vervollständigen.
Eine spannende Entwicklung, die aktuell noch längst nicht zu hoch qualitativen Ergebnissen kommt. Doch möglich, dass es in einigen Jahren noch einfacher ist, 3D Modelle und Visualisierungen mit derartigen Methoden zu erstellen.
Wie funktioniert das 3D Modeling für Produktbilder?
Der Prozess bei der Erstellung eines 3D Modells mittels entsprechender Software erfolgt in einigen voneinander abzugrenzenden Schritten. Sie können je nach Anforderungen leicht voneinander abweichen.
Ein großer Vorteil: Das Produkt muss noch gar nicht existieren bzw. physisch vorliegen.
Die Basis kann ein Referenzfoto, Abmessungen oder bereits existierende 3D-Daten in Form von bspw. CAD- oder STEP-Dateien sein.
Damit kann bspw. relativ einfach und effizient eine CAD Visualisierung erstellt werden.
Folgende Schritte sind notwendig, wenn ein Produkt mittels 3D-Modeling visualisiert werden soll, ohne dass entsprechende 3D-Daten vorhanden sind.
1. Mesh - das Gerüst erstellen
Erstellen von Grundformen: Der Modellierungsprozess beginnt häufig mit der Erstellung von Grundformen wie Würfeln, Kugeln, Zylindern und Ebenen. Diese Grundformen dienen als Bausteine für komplexere Objekte.
Mesh-Bearbeitung: Sobald die Grundform(en) erstellt sind, können diese mit Werkzeugen wie Skalieren, Drehen und Verschieben verändert und transformiert werden. Dies ist der grundlegende Schritt für die Gestaltung eines 3D-Objekts.
Bearbeitung von Scheitelpunkten, Kanten und Flächen: Bei der fortgeschrittenen Modellierung können einzelne Scheitelpunkte (Punkte), Kanten (Linien, die Scheitelpunkte verbinden) und Flächen (Oberflächen, die durch die Verbindung von Kanten entstehen) bearbeitet werden. Dies ermöglicht eine präzise Kontrolle über die Geometrie und vor allem weitere Details, die bei komplexeren Objekten anfallen.
Extrusion und Abschrägung: Dies sind Techniken, um flachen Formen Tiefe und Dimension zu verleihen. Bei der Extrusion wird eine 2D-Form in eine bestimmte Richtung gezogen, um ein 3D-Objekt zu erzeugen, während beim Beveling abgerundete Kanten hinzugefügt werden. Ebenfalls eine Möglichkeit, um weitere Details von Objekten zu realisieren.
2. Texturing: Oberflächen auf das Gerüst bringen
UV-Mapping: Damit Texturen auf ein 3D-Modell angewendet werden können, muss die Oberfläche des Modells in eine 2D-Darstellung, das so genannte UV-Mapping, "umgewandelt" werden.
Man kann sich diesen Prozess so vorstellen: Packt man einen Schoko-Weihnachtsmann aus und legt die Alufolie flach hin, erhält man die Textur des Weihnachtsmanns in 2D als sogenannte UV-Map.
Die Buchstaben "U" und "V" bezeichnen die beiden Achsen der 2D-Textur, da "X", "Y" und "Z" bereits zur Bezeichnung der Achsen des 3D-Objekts im Modellraum verwendet werden.
Texturierung: Beim Aufbringen von Texturen werden den Oberflächen des Modells Bilder oder Muster hinzugefügt. Diese Texturen können Farbe, Bump-Maps (zur Simulation von Unebenheiten und Falten) und mehr enthalten.
Material zuweisen: Bei der Zuweisung von Materialien wird festgelegt, wie das Licht mit den Oberflächen interagiert, also durch Farbe, Glanz, Transparenz und Reflexion.
3. Rendering: Das 3D-Modell wird zum finalen Content-Format “herausgerechnet”
Rendering: Beim Rendern wird aus dem 3D-Modell ein endgültiges Bild oder eine Animation erstellt. Dazu gehört die Simulation von Beleuchtung, Schatten und Materialien, um ein realistisches Ergebnis zu erzielen.
Exportieren: Sobald das Modell richtig in Szene gesetzt ist, können es in verschiedene Formate exportiert werden, die für unterschiedliche Zwecke geeignet sind, z. B. für Spiele, Animationen oder eben statische, zweidimensionale Produktbilder.
Was ist ein 3D Modell?
Ein 3D-Modell ist eine digitale Darstellung eines Objekts oder einer Szene, die mit einer speziellen Computersoftware erstellt wird. Im Gegensatz zu herkömmlichen 2D-Modellen haben 3D-Modelle Tiefe, so dass der Benutzer das Objekt oder die Umgebung aus mehreren Perspektiven wahrnehmen kann. Sie ahmen die physikalischen Eigenschaften und die Geometrie der realen Gegenstücke genau nach.
Gemeinhin verstehen viele unter einem 3D-Modell auch das fertig gelayoutete und mit Oberflächenstruktur, Beleuchtung und Farbe versehene Ergebnis einer 3D-Visualisierung.
In Fachkreisen versteht man unter dem 3D-Modell allerdings lediglich die Geometrie, also das reine Gerüst bzw. Objekt eines Gegenstandes. Attribute wie Form, Textur, Farbe und Beleuchtung werden im weiteren Verlauf, im Shading Prozess, realisiert.
Vergleich 3D Scanning vs. 3D Modeling
Wer die einzelnen Möglichkeiten und Funktionen der Methoden 3D Scanning und 3D Modeling kennt, hat die Unterschiede wahrscheinlich bereits erkannt.
Hier eine kurze Übersicht zu den Vor- und Nachteilen zwischen 3D Scan auf Basis von Photogrammetrie und 3D Model:
Ein anschauliches Beispiel zu den Unterschieden zwischen 3D Scan und 3D Model:
Stelle Dir einen ganz einfachen, scharfkantigen Würfel vor mit 6 identischen Seiten.
Als am Computer erstelltes 3D Modell besteht dieser Würfel lediglich aus 6 Polygonen, also 6 einfachen Geometrien, die haargenau sind.
Als 3D Scan würde der Würfel aus einer Vielzahl von abgescannten Punkten bestehen. Sehr viele Informationen und dazu noch Ungenauigkeiten, da auch eine glatte Fläche aus jeder Menge Punkten besteht, die wiederum auch Höhenunterschiede auf der Oberfläche ausgeben würden.
So nutzten wir bei RenderThat 3D Scanning und 3D Modeling
Fazit: Für viele Produkte und Ansprüche reicht 3D Scan allein nicht aus
Leider gibt es bisher keine ausreichenden Methoden, um über das reine 3D-Scan Verfahren ohne Modeling gute digitale Rekonstruktionen von Produkten zu erstellen, die hochwertige Renderings oder gar Animationen ermöglichen.
Die NeRF-Technologie könnte in Zukunft eine Chance sein, mit der man sehr schnell Produkte “scannen” und in verschiedenen Perspektiven rendern kann.
Bis dahin ist für Anwendungen wie Animationen und hochwertige sowie wiederverwendbare 3D-Modelle das Modeling nicht zu schlagen.
Bei Produktbildern ist es den Ansprüchen und Wünschen des Nutzers überlassen, auf welche Produktionsart man setzen möchte.
Genutzt wird das 3D Scan-Verfahren hingegen vor allem in der Logistik- und Verkehrsbranche sowie zu geographischen und meteorologischen Messungen. Hinzu kommt die 3D Druck Branche und Hobby 3D Drucker, die auf Basis von 3D Scans einfache Repliken von Gegenständen erstellen.
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